Huh, da ist es jetzt vorbei. 2023 war ein aufregendes Jahr für mich. Dies ist der Versuch eines ganz persönlichen Rückblicks über das vergangene Jahr. Ich habe versucht die Timeline chronologisch zu halten, bis auf den Part zu HRT sollte mir das auch gelungen sein.
Wenn ich ein übergreifendes Theme für 2023 wählen muss, dann ist 2023 das Jahr meiner Transition geworden; das Jahr in dem ich glücklich wurde :3
2023 habe ich ohne richtigen Namen begonnen – ich hatte nur einen Spitznamen. Meinen Deadname habe ich in 2022 zurückgelassen, “Zora” habe ich erst später gefunden.
Queer-Lexikon Vorstand
Die ersten Monate waren von Arbeit im QL-Vorstand geprägt, die aus Gründen™️ deutlich mehr war als die vorher versprochene halbe Stunde pro Woche. Ich glaube, ich hatte zwei Monate lang jede Woche mindestens 2 QL-Telkos, in mehreren Wochen 3. Das war nicht nur Vorstandsarbeit, dennoch: das war anstrengend. Das ist zum Glück weniger geworden, und mir macht die Arbeit dort immernoch viel Spaß :)
Namensfindung
Irgendwann während dieser ersten Monate fand ich dann auch meinen Namen. Ich habe ja zwischen “Flora” und “Zora” geschwankt. Meine Internetfreunde fanden mehrheitlich Zora besser, meine Offlinefreunde Flora. Ob das an den Namen lag die die Personen jeweils vorher für mich kannten/benutzten?
Ich habe mich letztendlich hauptsächlich aus ästhetischen Gründen für Zora entschieden. Ich finde das “Z” sieht hübscher aus als das “Fl” und das “Zo” hat ein leichteren/saubereren Klang als “Flo”. Witzigerweise wird mein Name vorallem von jüngeren (meine Generation und jünger) oft falsch ausgesprochen. Es ist ˈt͡soːʁa, nicht ˈzoːʁa, also das Z wie in Zucker nicht wie das S in Sage (die Erzählung, nicht englisches Salbei).
Es ist aber witzig, wie immer wieder paarweise Freunde und Bekannte auftauchen und sind “Wie wird dein Name eigentlich ausgesprochen, ich dachte immer ˈt͡soːʁa, andere Person sagt aber immer ˈzoːʁa”.
Wasserfarben!
Genug von Namen, ein kurzer Hobby Einschub:
Ich habe angefangen mit Wasserfarben zu malen. Es ist erstaunlich, wie viel mehr Spaß das macht, wenn man nicht im Kunstunterricht dazu gezwungen wird, wenn man frei ist in Gestaltung und Technik – und wenn mann nicht A3 sondern nur A6 voll bekommen muss. Bisher sind erst 4 Bilder entstanden, das letzte habe ich aber erst vor 1,5 Wochen gemalt.
Ich glaube, das hat Potential mich noch eine Weile zu begleiten. Aber auch: ich hatte wieder Energie für Hobbies, die hatte ich die Jahre davor nur sehr wenig.
Comming-Out
Es geht weiter im Transitions-Arc!
Kurz vor Ostern habe ich mich bei meinen Eltern geoutet. Ich möchte da nicht ins Detail gehen, aber deren Reaktionen waren eine Achterbahn. Letztendlich haben sie mich so akzeptiert und geben sich Mühe korrekte Namen und Pronomen zu verwenden.
Kurz vor meinem Geburtstag Anfang Juni hatte ich dann per Mail mein comming out bei der erweiterten Famillie. Die Reaktionen darauf waren durchweg positiv – ich bin ja aber auch mittlerweile die dritte trans* Person in dieser Famillie.
An meinem Geburtstag riefen eine Tante und ein Onkel an und fragten, ob es auch ein Ding sei zum neuen Namen zu gratulieren, das taten sie dann 🥹.
Aaargh. Was ist das für 1 Gesundheitssystem?
Um die Zeit startete dann auch mein Versuch an Hormone zu kommen. Ich fasse das ganz kurz zusammen, um mich nicht wiedet aufzuregen:
- Therapeut*innensuche: keine Antwort, 12 Sitzungen “Begleittherapie”, keine Antwort, “mach ich nicht”, “Urlaub”, “Termin 2035”, “Hast du in 2 Wochen ein Stunde Zeit?”.
- Endokrinilog*innensuche: “Termin in 2 Wochen”
- Endo Termin: “Hormone bekommen sie von mir nicht, und lassen sie sich doch von mir schnell transfeindlich beleidigen” (Die war auf Queermed empfohlen…)
- Endokrinolog*innensuche #2: “Termin in 12 Monaten”, “Melden sie sich nochmal in 3 Monaten”, “Termin in 6 Monaten”, " keine freien Termine.
- Geheimtip Kinderwunschambulanz: “Wir haben aktuell keinen Endo, der neue ist noch anderweitig eingespannt und ist die nächsten zwei Monate nur jeweils einen Tag da. Wir wissen aber noch nicht an welchen. Rufen Sie nächste Woche nochmal an.”
- Woche darauf: “Haben Sie in 3 Tagen Zeit?”
- Endo Termin #2: “Wir brauchen noch diese Voruntersuchungen von 3 verschiedenen Ärzt*innen” (Honorable Mention, random Urologe mit dem frühesten freien Termin: “Ich hab ja früher in $Klinik Nachsorge nach GAOps gemacht”)
- Endo Termin #3 (2 Monate nach #2): “Hier deine Hormone”
- Zora: 🥳🎉
Ich bin jetzt seit 2 Monaten auf HRT. Das war für mich eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Coming-Out auf der Arbeit
Anyways, zurück zu Juli(?).
Gespräch über Festanstellung nach Ende des Studiums steht an. Eigentlich wollte ich ja noch ein bisschen warten, bis ich auf Arbeit mein Comming-Out habe. Aber ich will halt nicht bei denen bleiben, wenn die nicht gut mit trans Menschen umgehen..
Ich habe nicht wirklich damit gerechnet, dass die Firma scheiße mit mir umgeht. Aber ich habe nicht mit einer so guten Reaktion gerechnet, teilweise etwass unbeholfen aber mega unterstützend.
Mein direkter Vorgesetzter meinte, wenn mir deswegen jemand krumm kommt, soll ich zu ihm kommen. Wir gehen dann zusammen zum Chef-Chef und dann habe die Person die längste Zeit dort gearbeitet.
Mein Name wurde in allen relevanten Systemen geänder, nur bei meinem Arbeitsvertrag waren sie nicht sicher, ob sie das dürfen – da ich den jetzt aber nicht als Bettlektüre verwende, habe ich da auch kein größeres Problem mit.
Witzige Anekdote am Rande: Als ich mich dann vor dem Team neu vorgestellt habe, war der eine Kollege, mit dem ich Teile eines Freundeskreises teile, im Urlaub. Er hat von dem Namen vorher nichts gewusst, hat den aber noch während seines Urlaubs von besagten gemeinsamen Freunden mitbekommen.
Huch, ich bin verlobt?!
Was hier auch noch rein sollte, und ich glaube das wissen hier erst sehr wenige: Ich bin seit Juli verlobt!
Lir und ich sind jetzt über sieben Jahre zusammen. Die Verlobung war sehr unspektakulär, wir hatten schon merfach darüber geredet, dass uns Ehe zwar nicht wichtig ist aber einige rechtliche Vorteile bringt…
Thesis fertig 🥳
Dann habe ich irgendwann meine Masterthesis abgegeben, an der ich die ganze Zeit geschrieben habe, aber das war irgendwie nicht relevant.
An der Stelle noch ein Shoutout an meine Uni, die Namensänderungen, auch ohne dass die amtlich sind, super einfach und unkompliziert anbieten. Meine Thesis habe ich also als Zora abgegeben. Mein Zeugnis wurde ebenfalls auf Zora ausgestellt :3
Nach Abgabe der Masterthesis ist eigentlich gar nicht mehr so viel passiert. Da war viel Arbeit (Onboarding als FA, Schulungen), da war alles nach Endo Termin #2.
Was ist das für 2 Gesundheitssystem?
Außerdem habe ich nach Laserepilation gesucht, die ich hoffentlich nicht selbstzahlen müsste. Und gefunden. Ich habe dort innerhalb zwei Wochen einen Termin zur Aufklärung und Voruntersuchung bekommen, der Arzt hat meinen Deadname nichtmal mitbekommen, weil die MFAs den direkt im System korrigiert haben :D.
Zwei Wochen später hatte ich einen Epi Termin, bisher den einzigen, weil dann war erst die Behandlerin dort krank und dann lag ich zwei Wochen mit Corona flach.
Weihnachten, Famillie, etc.
Und dann war auch schon Weihnachten. An Heilig Abend habe ich einen Teil meiner erweiterten Famillie zum ersten mal wieder gesehen. Und die haben sich alle vorbildlich verhalten und im Fehlerfall selbst und gegenseitig korrigiert.
Dann waren wir noch ein paar Tage bei Lirs Famillie, die habe ich auch zum ersten mal nach Comming-Out wieder gesehen. Aber die haben sich auch alle super verhalten. Lirs Mutter hatte die ganze Zeit schon nach einem Foto von mir gefragt und nicht bekommen, weil ich mich noch nicht so wohl damit gefühlt habe. Sie hat dann zu Lir gemeint “Hättest mir ruhig ein Foto schicken können, Zora hat sich doch prima gemacht”.
Ende (zumindest fast)
Und mit “Zora hat sich prima gemacht” möchte ich hier auch abschließen. Ich habe sicher einges vergessen, einiges bewusst weggelassen. 2023 war ein aufregendes Jahr. 2023 ist viel passiert. Es war das stressigste Jahr meines bisherigen Lebens, aber von dem Stress bleibt am Ende nicht viel von übrig; denn:
Ich bin endlich glücklich. Ich bin endlich ich selbst.
I am not crying - you are. (Okay, maybe it is me.)
Danke
Ich bin so vielen Menschen so dankbar. Ich möchte an dieser Stelle nur zwei nennen:
Lir, du hast mich durchgehend unterstützt. Hast mir geholfen mich durch die Thesis zu beißen, hast mir geholfen mich durch unser Gesundheitssystem zu beißen. Ich glaube beides hätte ich nicht ohne dich geschafft. Außerdem hast du mir den besten Verlobungsring-Prototypen gebastelt, den ich je gesehen hab. Danke. Ich liebe dich <3
Ezra, auch wenn deine “Arbeit” vorallem in den Jahren davor stattgefunden hat, so wäre ich 2023 nicht da gewesen, wo ich nun war, wenn ich dich nicht gehabt hätte. Du warst immer da und hast dir mein Gender-Foo angehört, du hast mir die nötigen Schubser gegeben, so dass ich auf den Weg ankam auf dem ich jetzt bin. Ich werde dir dafür für immer dankbar sein.
Aber ich bin noch so vielen Menschen mehr dankbar. Wenn du das hier liest, du im letzten Jahr irgendwann mal mit mir geschrieben oder mich getroffen hast, (und deine Initialien nicht M.R. sind und du mir ungefragt einen Screenshot von einem Zeitungsartikel mit Autor <Deadname> zugeschickt hast,) dann bin ich vermutlich auch dir dankbar.
Danke <3